der Weber

Der Weber

VON PETRA BAUER

Einer der verbreitetsten Berufe im Mittelalter war der des Webers; nicht ohne Grund, denn er lieferte Vieles, was man im Alltag benötigte – man denke nur an die Kleidung.
Die Weberei von Wolltuchen war etwa bis zum 12. Jahrhundert überwiegend eine häusliche Nebenbeschäftigung. Es gab aber auch bereits erste zünftische Vereinigungen.
Die Weber stellten Stoffe aus verschiedensten Materialien her: zu den verbreitetsten gehörten Wolle, Flachs, Hanf, Brennesselfasern, Seide und ab dem 14. Jahrhundert auch Baumwolle. Die Wolle wurde aus Tierhaaren produziert, wobei das Schaf als Hauptlieferant zu nennen ist; auch minderwertige Fäden aus Rinder, Ziegen- oder Kaninchenhaaren wurden verarbeitet. Material, Muster und Farben der Stoffe waren vom Stand und Einkommen des Trägers abhängig.

Technik des Webens

Zumeist besaßen die Frauen im Mittelalter keinen eigenen Webstuhl, sondern brachten ihr Garn dem Weber, der Tuch daraus herstellte. Als Ar- beitslohn behielt er einen Teil des Garns oder des Tuches für sich zurück. Das Grundprinzip des Webens ist das miteinander Verflechten zweier Fadenlagen, die im rechten Winkel zueinander verlaufen. Eine dieser Fadenlagen wird fest aufgespannt (Kettfäden), die andere wird nach und nach durch das Weben eingebracht (Schuss). Gewebt wird auf einem Webrahmen, einem Webstuhl oder freihändig wie beim Brettchenweben.

Die ersten Webstühle waren die „Gewichtswebstühle“. Sie bestehen aus einem waagerechten Rahmen, dem Warenbaum. Über diesen wird der Webzettel gelegt, an den unten und einem sogenannten Kettbaum oben ermöglichte das Arbeiten im Sitzen. Hier wurde der Schuss nach unten angeschlagen. Auf diesen wurde meist nur das Gewebe für ein Kleidungs- stück gewoben. Später fertigte man auch auf die- sen Webstühlen längere Stücke Stoff an.
Der heute bekannte Webstuhl mit waagerecht aufgespanntem Webzettel wurde wahrscheinlich aus einer Zusammenführung der Prinzipien des Bortenwebens und des Senkrechtwebens entwi- ckelt. Die Einführung der „Litzenstäbe“, die ei- nen Teil der Kettfäden nach oben bzw. unten be- wegen können und später über Umlenkrollen auch per Fuß bedient werden konnten, war eine erhebliche Verbesserung. Nun hatte der Weber beide Hände frei und konnte schneller arbeiten. Auch komplexere Muster waren nun möglich.

Senkrecht Webrahmen
Webstuhl

Leinwandbindung

Je nach dem, wie Zettelgarn und Eintragsgarn gewählt werden, sind einfache oder komplizierte Muster möglich. Mit verschiedenfarbigen Ein- tragsgarnen lassen sich ganze Bilder weben. Meist beschränkte man sich aber auf geometrische Muster oder kleinere Motive.
Die gebräuchlichste, weil wohl einfachste Bin- dung, ist die sogenannte „Leinwandbindung“, die jeder kennt, der schon einmal mit einem Hand- webrahmen gearbeitet hat. Bei Wolltuchen nannte man sie Tuch-, bei Seide Taftbindung. Bei dieser Bindungsart liegt in Kett- wie in Schussrichtung immer abwechselnd ein Kett- oder ein Schuss- faden oben, man benötigt zwei Litzenstäbe. Die meisten Gewebe zur Herstellung von Kleidung wurden mit dieser Webtechnik hergestellt.

 

Die Leindwand- oder Tuchbindung dürfte die wohl älteste Bindung gewesen sein. Der Schussfaden wird hier abwechselnd über und unter dem Kettfaden durchgewoben. Beide Seiten des Stoffes sehen daher gleich aus.
Bei der Köperbindung werden beim Verweben jeweils mindestens 2 Kettfäden ausgelassen und nach jeder Reihe wird dieser Vorgang seitlich verschoben. Das ergibt einen schrägen Grat, der den Stoff sehr widerstandsfähig macht wie z. B. Jeansstoff.
Atlasbindung: Bei der Atlasbindung webt man unter einen Kettfaden hindurch und über zwei hinweg. Das Ganze wird in der nächsten Reihe um zwei Kettfäden verschoben.

Geschichte

Gewichte, wie sie an primitiven Handwebstühlen zum Spannen der Kette gebraucht wurden, fand man bereits in Siedlungen der Jungsteinzeit und der älteren Bronzezeit in der Schweiz. Im Orient und im Alten und Mittleren Reich Ägyp
tens war der horizontale Webstuhl bekannt, spä- ter in Ägypten auch der senkrechte. Eine Skizze eines senkrechten zweischäftigen Gewichtsweb- stuhls fand man auf einer Urne der Hallstattzeit in Mitteleuropa. Das erste verwebte Material war Leinengarn, erst später kam Tierwolle hinzu. Im späten Mittelalter findet man erstmals Abbildun- gen des Trittwebstuhls. Erst im 18. Jahrhundert entwickelte er sich weiter. Der englische Uhr- macher J. Kay erfand den sogenannten Schnell- schützen zur automatischen Schiffchenbewegung, und 1784 baute der Geistliche E. Cartwright den ersten mechanischen Webstuhl.
Revolutionär wirkte der 1805 erbaute Web- stuhl des Lyoner Seidenwebers J. M. Jacquard, der es ermöglichte, gemusterte Stoffe zu weben. Die Kettfäden wurden mit Hilfe von Lochkarten eingestellt. 1879 stellte W. von Siemens den ersten elektrisch angetriebenen Webstuhl her. Seit 1961 benutzt man für alle mechanischen und automatischen Webstühle die Bezeichnung Webmaschine.

Eine Leinenweberin bei der Arbeit. Die Webstuben für die Leinenweberei, befanden sich häufig in Kellergewölben, da es von Vorteil war, wenn in feuchten Räumlichkeiten gearbeitet wurde. Während die Wollwebereien öfters in den Städten zu finden waren, wurden die Leinenwebereien eher in ländlichen Ge- bieten, in der Nähe von Wasser, betrieben. Der Anbau und die gesamte Flachsarbeit, das Material, das der Leinenweber benötigte, konnte vor Ort angebaut werden. Die Weber in der Stadt mussten Flachs dagegen für teures Geld erstehen.

Am Webstuhl wird die Wolle von einer Weberin bearbeitet. Als Wolle bezeichnet man die weichen Haare des Fells von Tieren, vor allem das der Schafe wurde bevorzugt verwendet. Wolle ist ein Rohstoff, der seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. verwendet wird und bis heute trotz Kunstfasern und Baumwolle für die Wirtschaft eine große Bedeutung besitzt.