Flachsbauer
Über den Flachs und dessen Behandlung
Lein, im allgemeinen Sprachgebrauch Flachs genannt, ist eine der ältesten Kulturpflanzen.
Im Mittelalter erlebte Leinen eine Blütezeit in Europa.
In Deutschland war der Flachsanbau weit verbreitet und die Erzeugung von Geweben hoch entwickelt.
Auch während des 2. Weltkrieges und danach, musste man auf die Herstellung und Behandlung von Flachs zurückgreifen, da man wieder Kleidung brauchte.
Anbau
Der Flachs braucht gute, tiefe Muttererde.
Der Bauer säte den Flachs am 100. Tage des Jahres. Er muss dicht und in Reihengesät werden, damit die Fasern lang und fein wurden und nicht umknicken können. Beim Jäten mussten alle ins Feld, Knechte, Mägde, Kinder. Man musste vorsichtig sein, um die Pflanzen nicht zu knicken Zehn Menschen konnten in einem Tag zwei Morgen Land jäten.
Die einzelne Pflanze blüht nur wenige Stunden.
Am 200.Tag wurde der Flachs geerntet, das heißt er wurde gerauft (mit den Wurzeln aus der Erde gezogen)
Raufen, Nachtrocknen und Riffeln:
Wenn die Samenkapseln anfingen, gelb zu werden, war es Zeit den Flachs zu ernten. Dies geschah mitten in der Getreideernte. Je früher geerntet, je feiner war der Flachs. Wurde gewartet bis alle Samen reif waren, d.h. wenn alle Samenkapseln gelb sind, wurden die Fasern schwach und grob und taugten nicht zum Spinnen von feineren Fäden.
Der Flachs wurde gerauft, d.h. mit den Wurzeln ausgezogen. Dadurch wurde die Beschädigung der Fasern während des Trocknens auf dem Feld verhindert. Gebündelt, die Strohgebinde heißen auf deutsch Hütten, Puppen oder Kapellen wurden der Flachs zum Trocknen und Nachreifen aufgestellt.
Meist wurde der Flachs erst nach dem Getreide heimgebracht. Dabei war Vorsicht geboten. Falls die Samen schon ganz trocken geworden waren, musste vorsichtig gefahren werden, damit sie nicht unterwegs abfielen.
Durch an einem Balken in der Tenne oder unter einem Halbdach befestigten großen Kamm, einen Riffel wurde Handvoll für Handvoll der obere Teil der Pflanzen gezogen. Hierdurch wurden die Samenkapseln abgestreift. Für das Reinigen der Samen benutzte man verschiedene Geräte, Z.B. ein Sieb oder einen Trog. Eine Portion Samen wurde für die Saat des nächsten Jahres zurückgehalten.
Rösten
Die Pflanze ohne die Samen, wurde in Bündeln gesammelt. Nach dem Riffeln gehört der Flachs geröstet. Das Rösten ist ein Gärungs- oder Verfaulungsprozess, der zur richteigenen Zeit angehalten wird, d.h. genau dann, wenn nur die Fasern unbeschädigt sind. Durch diesen Prozess lassen sich die übrigen Teile leichter entfernen. Es gibt die Tauröste oder die Wasserröste. Beide Methoden haben Vor- und Nachteile und ist seit viele hundert Jahren ein beliebtes Diskussionsthema. Wichtig ist es, die Röste rechtzeitig zum Aufhören zu bringen. Bei zu kurzem Rösten kann man die Schäben nicht von den Fasern trennen, und bei zu langem Rösten werden die Fasern mürbe und können nicht gesponnen werden. Durch Trocknen und Brechen von ein paar Stängeln, wird untersucht ob das Rösten fertig ist.
Tauröste geschah auf einem gegen den Wind geschützten Grasfeld. 4 – 8 Wochen, je nach der Feuchtigkeit des Wetters lag der Flachs auf dem Feld. Damit die Verfaulung nicht aufhört musste der Flachs einige Male gewendet werden, um alle Stängel feucht zu halten.
Wasserröste geschah in stillem Wasser, einem Teich oder einem Graben. Die Röste verschmutzt und vergiftet das Wasser. Folglich kamen nur ein Teich oder ein Graben in Frage, worin keine Fische lebten oder woraus die Tiere nicht tranken. Um den Flachs nass zu halten, wurde er mit Steinen beschwert. Wasserröste dauerte 7 – 14 Tage, je nach der Temperatur und der Qualität des Wassers.
Nach der Röste stellte man den Flachs zum Trocknen auf und brachte ihn danach in eine Scheune oder eine andere Stelle: Hauptsache war eine luftige und trockene Aufbewahrung
Durch das Brechen wird die Pflanze geknickt. Dadurch löst sich dass durch das Rösten mürbe gewordene Holzmaterial ab und trennt es gleichzeitig von der Fasern. Beim Brechen muss der Flachs völlig trocken sein. Getrocknet wird er entweder an der Sonne oder über einem Feuer, z.B. in einem Flachsofen. Am besten ist aber das Trocknen über einem Feuer in einem Graben. Dabei muss man allerdings sehr vorsichtig sein, und aufpassen, dass der Flachs nicht anfängt zu brennen. Nur geübte und zuverlässige Personen durften den Flachs so trocknen. Eine einfachere, aber kaum so gute Methode war, an einem sonnigen Frühlingstag den Flachs an eine Südwand aufzustellen.
Brechen
Das Brechen fand unmittelbar nach dem Trocknen statt. Handvoll für Handvoll wurden die Halme zwischen den Kiefern der Breche (der Knicke) geknickt, bis alle Schäben locker waren.
Schwingen
Nach dem Knicken (Brechen) sollten die Schäben vom Knickflachs entfernt werden. Dieser Vorgang ist das Schwingen. Der Flachs, über ein Brett gelegt. wurde mit einer dünnen Latte -auch Messer genannt- ausgeschwungen. Die Arbeit geschah im Sitzen und gerne im Freien wegen des Wirbelns der Schäben. Das Schwingen war Frauenarbeit und es erforderte gute Armkräfte das Messer einen ganzen Tag zu schwingen. Meist schwangen die Mägde des Dorfs gemeinschaftlich. Wenn alles ausgeschwungen war, hielten sie oft ein kleines Fest. Die Schäben waren gutes Streu für die Haustiere oder Heizmaterial für die Küche. Die abgefallenen, kürzeren Fasern, das Werg, durfte auch nicht verloren gehen. Damit wurden gröbere Garne für Seile oder Möbel Polster gesponnen.
Die Geräte für das Schwingen waren von unterschiedlichen Formen, je nach Landesteil. Sie waren oft mit Schnitzarbeiten schön verziert, meist ein Geschenk für die Liebste. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen Schwingmaschinen oder Schwingstände mit mehreren Messern auf, die durch eine Kurbel angetrieben wurden. Eine solche Anschaffung teilten sich oft mehrere Familien im Dorf. Allmählich übernahmen reisende, berufsmäßige Flachsschwinger die Schwingarbeit, auch das Brechen übernahmen sie mancherorts.
Hecheln
Das Hecheln war der letzte Vorgang vor dem Spinnen. Es entfernte die letzen Schäbe und kurzen Fasern. Gleichzeitig ordneten sich die langen Fasern parallel an. So wurde die so entstandene Flachsriste fein und blank.
Eine Hechel (oder ein Hechelstock) ist ein Brett mit vielen Reihen von Nadeln. Benutzt wurden immer zwei oder mehrere Hecheln von zunehmender Feinheit. Dabei galt: je feiner die Hechel, je feineren Faden. Mehrmals durch die feinste Hechel gezogen ergab eine Riste zum Spinnen von Nähzwirn.
Um die Ordnung der Fasern zu bewahren, hielt ein Papierband den gehechelten Flachs zusammen oder er hängte in Zöpfen -fein arrangiert- in der großen Stube, um seinen Wohlstand zu demonstrieren.